Kujawische Magentropfen ausführliche Geschichte

Kujawische Magentropfen, ©Stephan Becker, Brüssow

Historisches zu den Kujawischen Magentropfen:

Die Kujawischen Magentropfen sind eine Erfindung des Apothekers Ferdinand Gottlob Hoyer aus Hohensalza (Westpreußen) aus dem Jahre 1822.

Das Rezept ist in Eigenkreation entstanden, wahrscheinlich auf der Grundlage gründlicher Studien damaliger medizinischer Literatur, und wurde ursprünglich als Medikament gegen die Cholera entwickelt, die in damaligen Zeiten von 1817 bis 1823 immer wieder vereinzelt auftrat.

Die Tatsache, dass er dieses Medikament schon sehr früh entwickelt hatte, zeugt von sehr großem medizinischem Weitblick, weil die großen Pandemien erst in den nachfolgenden Jahren bzw. Jahrzehnten auftraten.

Als dann in den Jahren 1831 - 1837 mehrere Choleraepidemien in Westpreußen wüteten, bewährte sich die von Hoyer hergestellte Essenz vorzüglich und erlangte weit über die Stadtgrenze hinaus Berühmtheit. Wahrscheinlich hat dieses Arzneimittel bei der Bekämpfung der Cholera so gute Dienste geleistet, dass der damalige Regierungspräsident dem Apotheker Hoyer nur deshalb erlaubte, in Hohensalza eine zweite Apotheke zu errichten. Er verkaufte die Kujawische Magenessenz in seinen beiden Apotheken in kleinen Tropffläschchen als konzentrierten Pflanzenauszug und auch als Magenbitter.

Der Erfinder Ferdynand Hoyer änderte einige Male die Rezeptur und auch den Namen des Getränks.

Die erste Erwähnung in der Literatur nennt das Getränk „aqua vitae stomachica kujawica“, was soviel bedeutet wie „Kujawisches Lebenswasser für den Magen“.

 

Aufgrund des guten Geschmacks und der guten Wirkung als Arzneimittel wurde dieser Likör schnell zu einem beliebten Getränk in Kujawien.

In der damaligen medizinischen und pharmazeutischen Literatur wurden die Kujawischen Magentropfen bei den üblichen Magenbeschwerden wie Völlegefühl, Magenschmerzen, Druck, Blähungen usw. empfohlen, aber ursprünglich war es ein Arzneimittel gegen die damals grassierende Cholera.

 

Fünf Jahre nach dem Tod des Erfinders im Jahre 1866 ist sein in der Region Posen und Westpreußen berühmtes Rezept schon in pharmazeutischer Literatur abgedruckt worden und soll bereits in die Hände von Likörfabrikanten gelangt sein. So kann davon ausgegangen werden, dass das Rezept der Kujawischen Magenessenz kurz vor oder kurz nach seinem Tode an die Öffentlichkeit gelangte. Möglich ist die Weitergabe durch einen Apothekenangestellten, der Verkauf durch den Apotheker selbst oder auch staatliche Vorschriften, die ihn zur Herausgabe der Rezeptur verpflichteten.

Somit stand spätestens nach 1866 allen Likörfabrikanten das Rezept zur Verfügung und es stellten unzählige Firmen im ganzen Land die sehr wirksamen Kujawischen Magentropfen her. Bekannte Firmen waren zum Beispiel die Likörfabriken Kantorowicz, Posen oder Dammann & Kordes, Thorn.

 

Obwohl starke Konkurrenz durch große Likörfabriken herrschte, wurde dieses Getränk in der Zeit von 1822 bis 1953 ununterbrochen von Nachkommen des Apothekers Hoyer hergestellt und vermarktet. Daher möchte ich hier noch etwas auf die betreffenden Personen eingehen.

 

Ferdinand Gottlob Hoyer wurde geboren am 01.10.1797 in Hohensalza, Posen, Preußen als Sohn des Apothekers zu Hohensalza Gottfried Emanuel Hoyer und seiner Ehefrau Susanne Constanze Belkowski.

Im Frühjahr des Jahres 1810 bis zum Ende des Jahres 1812 begab er sich zur Lehre in die Apotheke seines Vaters. Überliefert ist auch die Immatrikulation an der Universität Berlin zum 14.11.1814 und anschließenden zwei Semestern Studium bis zum Sommer 1815.

Im Jahre 1816 war er Hilfskraft bei Provisor (Provisior war ein Apotheker, der als Verwalter in einer fremden Apotheke arbeitete) Carl Gottlieb Rengilius, welcher seit dem Tode des Vaters Gottfried Emanuel Hoyer die Apotheke in Inowraclaw leitete.

Am 17.12.1816 erlangte Ferdinand Hoyer die Approbation als Apotheker und erbte die umsatzstarke und gewinnbringende Apotheke seines Vaters. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Inocraclaw nur diese eine Apotheke.

Er konnte seinen Reichtum noch weiter vermehren, indem er die Errichtung einer zweiten Apotheke durch den Ober-Präsidenten genehmigt bekam.

 

Mit Brief vom 21.6.1817 wurde Hoyer Bürger zu Inowraclaw (erhalten ist angeblich ein Bürgerbrief vom 21.06.1817). Bis zum Jahre 1861 führte er beide Apotheken in Inowraclaw mit großem Erfolg und verkaufte auch die von ihm kreierte Kujawische Magenessenz als wirksames Arzneimittel in seinen Apotheken nahezu konkurrenzlos.

 

Während seiner Apothekenzeit änderte Ferdinand Hoyer einige Male die Rezeptur und auch die Bezeichnung seiner Magentropfen.

So war das Getränk bekannt unter dem Namen Kujawische Magenessenz, Kujawisches Magenwasser, Kujawischer Magenbitter, Kujawischer Magenlikör, Kujawische Magentropfen und auch Kujawisches Magenperkolat.

In historischer Literatur taucht auch der Name Hoyer`scher Edelbitter, später auch Leistikow-Edelbitter auf.

Es ist relativ unwahrscheinlich, dass zu Zeiten des Apothekers Hoyer die Flaschen mit einem gedruckten Etikett in den Apotheken verkauft wurden.

 

Im Laufe seines Lebens hatte er zwölf Kinder mit drei Frauen, jedoch übte keines seiner Kinder später den Apothekerberuf aus oder verfolgte die Vermarktung seiner berühmten Magenessenz weiter.

 

Der Verkauf seiner beiden Apotheken und sein Umzug nach Bromberg erfolgte im Jahre 1861, wahrscheinlich nach der Hochzeit seiner Tochter Cäcilie. Am 29.12.1862 starb Ferdinand Hoyer im Alter von 65 Jahren in Bromberg.

Ein Jahr vor seinem Tode heiratete seine Tochter aus zweiter Ehe Bertha Cäcilie am 15.05.1861 den Bromberger Apotheker Friedrich Heinrich Carl Ludwig Leistikow, Sohn des Gutspächters und Administrators Karl Wilhelm Ludwig Leistikow und seiner Ehefrau Sophie Henriette Wilhelmine Engelke.

Sie brachte das Rezept der mittlerweile berühmt gewordenen Magentropfen als Mitgift mit in die Ehe.

Kujawische Magentropfen von Carl Leistikow, ©Stephan Becker, Brüssow
Kujawische Magentropfen von Carl Leistikow, ©Stephan Becker, Brüssow
Kujawische Magentropfen von Carl Leistikow, ©Stephan Becker, Brüssow

Ihr Ehemann Carl Leistikow verstand es, aus dem Rezept der Magentropfen seines Schwiegervaters noch mehr Kapital zu schlagen als der Erfinder selbst.

Während Ferdinand Hoyer seine Magenessenz nur in seinen Apotheken herstellte und verkaufte, eröffnete sein Schwiegersohn in Bromberg eine Likörfabrik mit dem Namen Kujawiak. Aus verschiedenen Werbeanzeigen ist bekannt, dass es in Thorn und Umgebung auch Getränke gab, die mit dem Namen Kujawiak benannt wurden. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um die Magentropfen des Apothekers Hoyer.

 

In der Familiechronik von Oskar Leistikow wird der Werdegang des Carl Leistikow wie folgt beschrieben:

Er wurde geboren im Jahre 1820 in Groß-Geitberg bei Naseband, besuchte von 1835 bis 1837 das Gymnasium in Neustettin und erlernte anschließend den Apothekerberuf. Von 1858 bis 1860 wurde er Verwalter der Schwarzen Adler-Apotheke in der Bärenstraße 90 bzw. Bärenstraße 6 zu Bromberg (angeblich Völtzke`sche Apotheke). Die Bärenapotheke war bis 1858 im Besitz des Mediziners und Apothekers Dr. med. Heinrich August Müller und wurde laut Adressbuch im Jahre 1869 von Hermann Jacobsohn geführt. Über die Jahre 1858 bis 1869 stehen bis heute keine weiteren Informationen über die Inhaber der Apotheke zum Schwarzen Adler zur Verfügung.

 

In sämtlichen Chroniken wird Carl Leistikow als Apotheker bezeichnet, jedoch ist er in verschiedenen Bromberger Adressbüchern als Kaufmann geführt. Zum Beispiel im Jahre 1855 ist er Kaufmann im Geschäft Leistikow et Voeltzke (Gustav Völtzke war Kaufmann und nicht Apotheker) in der Friedrichstraße 9, im Jahre 1858 befindet sich das Geschäft Am Markt 150 und im Jahre 1864 wohnte er in der Bahnhofstraße 1.

Auch die Auflistungen der Bromberger Apotheker in den historischen Adressbüchern führen keinen Carl Leistikow.

Jedoch kann Carl Leistikow neben dem Kaufmannsberuf natürlich auch den Beruf des Apothekers ausgeübt haben. Wenn er doch den Apothekerberuf gelernt hatte, war er in Bromberg aber niemals Apothekenbesitzer, nur angestellter Apotheker.

 

Wahrscheinlich nach seiner Hochzeit erwarb er ein großes Bürgerhaus in der Danziger Straße 20 Ecke Elisabethstraße in Bromberg.

Auf dem großen Grundstück befanden sich das Wohnhaus mit Hochparterreeingang, mehrere Stallungen und Wirtschaftsgebäude sowie ein großer Hof und ein Garten.

Dort wurde die Magenessenz seines Schwiegervaters in großen Mengen hergestellt und verkauft, so dass die Familie ein wohlhabendes Leben führen konnte. Nebenbei wurde noch ein Wein- und Tabakgroßhandel betrieben. Der Preis für eine Flasche mit ca. 250ml betrug bei Carl Leistikow 1/3 Thaler (das entsprach dem Tageslohn eines Arbeiters, der ca. 10 Stunden gearbeitet hatte).

Kujawische Magenessenz von Carl Leistikow, ©Stephan Becker, Brüssow
Kujawische Magenessenz von Carl Leistikow, ©Stephan Becker, Brüssow

Im Jahre 1872 erhielt Carl Leistikow für die Herstellung und Vermarktung seiner Kujawischen Magenessenz die in Graudenz verliehene Silbermedallie für Gewerbefleiss & Nationalkraft. Ebenfalls 1872 wurde ihm in Posen die Silbermedallie für verdienstvolle Leistungen in Deutschland verliehen.

Zu diesem Zeitpunkt war sein Produkt schon über Kujawiens Grenzen hinaus bekannt geworden.

 

Zwischen 1863 und 1877 bekam das Ehepaar Leistikow neun Kinder, darunter den am 25.10.1865 geborenen berühmten Berliner Maler Walter Rudolf Leistikow.

 

Bis zu einer schweren Erkrankung im Frühjahr 1893 führte Carl Leistikow das Geschäft weiter und übergab es dann an seinen Sohn Ernst Leistikow. Carl Leistikow starb am 19.06.1893 in Bromberg.

 

Das schöne Flaschenetikett der Kujawischen Magenessenz aus der Fabrik Leistikows wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von Graphikern der Stettiner Etikettenfabrik Ernst Gentzensohn entworfen. Die Firma Ernst Gentzensohn in Stettin wurde vor 1863 gegründet und hat sich in der Zeit bis 1922 als Großdruckerei für Flaschenetiketten einen Namen für besonders schöne Flaschenetiketten machen können. Ein Nachkomme des Ernst Gentzensohn war es anscheinend auch, der den Stettiner Generalanzeiger gegründet hatte. Diese große Stettiner Tageszeitung gab es bis zum Jahre 1944.

 

Auf dem Etikett der Originalflasche aus der Produktion Leistikows ist am unteren Rand deutlich der Name Ernst Gentzensohn, Stettin vermerkt.

Es ist relativ unwahrscheinlich, dass zu Zeiten des Apothekers Hoyer die Flaschen mit einem gedruckten Etikett verkauft wurden.

Dem Etikett der Originalflasche kann man außerdem noch entnehmen, dass Leistikow beim Reichspatentamt einen Patentschutz für sein Produkt beantragt hatte. „Gesetzlich deponirt“- Schutzmarke C.L. – d.h. gesetzlich hinterlegt beim Reichspatentamt und entspricht dem Musterschutz.

Anweisung zum Gebrauch, ©Stephan Becker, Brüssow

Auf dem Rückenetikett der Flasche wurde die vom Erfinder Ferdinand Hoyer hinterlassene Gebrauchsanweisung mit der angeblichen Originalunterschrift abgedruckt (Es ist sehr unwahrscheinlich, daß es sich hierbei um die Unterschrift von Ferdinand Hoyer handelt, da dieser schon im Jahre 1862 verstarb und das Etikett mit Sicherheit nach 1863 entworfen wurde):

 

„Es darf diese kräftige Essenz nie auf nüchternen Magen genossen werden, da dieselbe sehr anregt, es ist dagegen unmittelbar vor dem Frühstück, Mittag oder Abendessen die beste Zeit sie zu genießen. Für Personen, denen sie zu kräftig ist kann dieselbe mit irgend einem süßen Liqueur verdünnt werden. Auch thut sie sehr wohl, wenn sie auf Semmel oder Brod getröpfelt genossen wird. Ganz besonders wohlthuend erweiset sie sich bei Magenbeschwerden und Mangel an Ehslust u. Verdauung.“

 

Ferd. Hoyer Apotheker

 

Nach dem Tode von Carl Leistikow führte sein Sohn Ernst Leistikow die Fabrik noch bis zum Jahre 1933 weiter. Am 17.12.1933 verstarb er in Posen.

 

Ernst Leistokow, geboren am 25.10.1865 zu Bromberg, schloss das königliche Gymnasium zu Bromberg mit dem Ober-Sekunda-Zeugnis im Jahre 1885 ab und machte eine Kaufmannslehre in Magdeburg bei der Firma Käsebier & Ulrich. Wie sein berühmter Bruder, der Maler Walter Leistikow, interessierte er sich weniger für seine kaufmännische Tätigkeit, sondern hatte mehr Interesse an der Kunst.

1891 zog er nach Berlin und arbeitete als Gehilfe in einem Photoatelier von Max Marschalk.

Er wurde 1893 von seiner Familie nach Bromberg zurückbeordert, da sein Vater erkrankte. Nach dem Tode des Vaters musste er das Geschäft übernehmen, was ihm aber nur wenig Freude bereitete.

Die am 08.10.1894 geschlossene Ehe mit Gertrud Marschalk blieb kinderlos und wurde wieder geschieden.

 

Die Likörfabrik war sehr einträglich und warf große Gewinne ab, so war Ernst Leistikow in der Lage, seinen künstlerischen Neigungen nachzugehen.

Er war sehr oft in Berlin bei seinem Bruder und verreiste viel mit ihm und dessen Familie. Außerdem bildete er sich ständig künstlerisch weiter und erfand sogar eine spezielle Ölfarben-Drucktechnik.

 

Die Umsätze und Gewinne der Fabrik brachen in den Jahren des 1. Weltkrieges stark ein und brachten das Geschäft in finanzielle Schwierigkeiten, so dass er schließlich die Herstellung der Kujawischen Magenessenz nach der Abtretung Westpreußens an Polen im Jahre 1919 nicht mehr alleine bewerkstelligen konnte. In der Chronik Oskar Leistikows steht geschrieben, dass die Fabrikation des Kujawiaks an eine größere Destillerie abgegeben werden musste. Hierbei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die große und berühmte Likörfabrik Hartwig Kantorowicz, die auch eine Kujawische Magenessenz mit einem fast identischen Etikett anbot. Auf einer Flasche Kujawische Magenessenz der Likörfabrik Hartwig Kantorowicz ist jedoch der Hinweis auf die Druckerei Ernst Genzensohn nicht mehr zu lesen. Aufgrund der Tatsache, dass die Firma Kantorowicz die Gebrauchsanweisung auf der Rückseite in polnischer Sprache verfasste, kann man annehmen, dass sie die Magenessenz erst nach 1919 herstellte. Entweder gab es eine polnische und eine deutsche Variante, oder es war Kantorowicz gesetzlich untersagt eine deutsche Anweisung abzudrucken.

Ernst Leistikow starb während einer Geschäftsreise am 17.12.1933 in Posen. Beim Verlassen seines Hotels brach er zusammen und starb auf dem Wege ins Krankenhaus an einem Herzschlag. Mit großer Wahrscheinlichkeit hatte diese Reise nach Posen mit der Produktion der Kujawischen Magenessenz durch die Firma Hartwig Kantorowicz zu tun und führte eventuell nicht zum von ihm gewünschten Ergebnis.

 

Die Schwester Ernst Leistikows Helene Leistikow heiratete am 17.03.1890 den Bromberger Rechtsanwalt Emil Neubert, Sohn des Bürgermeisters Wilhelm Neubert, welcher am 23.05.1900 in Bromberg starb. Helene Neubert war ab 1886 Lehrerin und gründete in Bromberg eine Privatschule, welche 1919 von den Polen geschlossen wurde. Nachdem sie 1928 ihre Anstellung an einem deutschen Privatgymnasium verlor, fand sie eine Stelle in Berlin an der 23. Gemeindeschule.

In ihren 10 Jahren Ehe wurden drei Kinder geboren, unter anderem am 13.06.1900 ein Mädchen mit dem Namen Charlotte.

Nach ihrer Pensionierung betrieb sie mit ihrer Tochter Charlotte eine Gärtnerei in Altenhof / Schorfheide.

Nachdem ihr Bruder Ernst Leistikow 1933 in Posen verstorben war, kümmerte sich Helene um seinen Nachlass und erhielt im Zuge dessen Auflösung auch das Familienrezept der Kujawischen Magenessenz, welches sie an ihre Tochter Charlotte weitergab.

Diese gründete 1934 in Birkenwerder, Kreis Oranienburg eine Firma unter dem Namen Leistikow KG Likörfabrik und ließ die berühmte Magenessenz in Lizenz herstellen. Verzeichnet ist in Birkenwerder 1934 auch eine „Kujakowiak GmbH“ – wahrscheinlich ist Kujawiak GmbH gemeint.

Das Getränk wurde auch unter dem Namen Leistikow-Edelbitter angeboten und verkauft. Auf einem mir nicht vorliegenden Flaschenetikett soll aufgedruckt worden sein: „nach dem Originalrezept der Apothekers F. Hoyer seit 1789“.

Hierbei würde es sich dann aber um einen Fehler handeln, da der Erfinder nachweislich der Apotheker Ferdinand Gottlob Hoyer war, dieser aber erst 1797 geboren wurde. Sein Vater, der Apotheker Gottfried Emanuel Hoyer war zwar Apotheker in Inowraclaw / Hohensalza, hatte aber keinen weiteren Vornamen mit F – auch dessen Vater, der Apotheker Adam Gottfried Hoyer kommt nicht in Frage, da er schon am 07.05.1760 verstarb. Als Jahr der Erfindung der Kujawischen Magentropfen kommt also nicht 1789 in Frage sondern das Jahr 1822, wie in historischer pharmazeutischer Literatur beschrieben.

 

Die Produktion des Leistikow-Edelbitters musste wahrscheinlich im Jahre 1944 aus Mangel an Sprit eingestellt werden. 1950 gab es in Birkenwerder eine „Konsumgenossenschaft Pachtbetrieb Likörfabrik Leistikow“. Der Betrieb konnte also noch über die Kriegswirren gerettet werden, wurde dann aber nach 1949 verstaatlicht.

Nach diesem Zeitpunkt fehlen weitere Nachrichten aus der Familie des Erfinders bis heute.

Die letztmalige Herstellung der Kujawischen Magentropfen erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit im Jahre 1953.

Nach 64-jähriger Pause im Jahre 2009 erfolgte die Wiederherstellung nun durch die Firma Alrich Historische Liköre.

 

 

Zur Familiengeschichte der Familie Hoyer:

 

(1)

Gottfried Emanuel Hoyer (*01.06.1750 in Stolpen, Kreis Pirna, Sachsen; +29.01.1813 Posen), Sohn des Apothekers Adam Gottfried Hoyer & seiner Ehefrau Johanna Elisabeth Hesse (oo 30.10.1748 Neustadt, Pirna, Sachsen),

war Apotheker in Inowraclaw. Er lernte 1764-67 bei seinem Stiefvater, dem Apotheker Fich in Luckenwalde, dann arbeitete er als Geselle in Berlin bei Wittwe Giesecke und anschließend in Bromberg bei Apotheker Heydrich. Nach 6-jähriger Lehrzeit und einem sehr gutem Examen wurde er am 14.11.1777 zum Apotheker approbiert . Die Approbation soll die eigenhändige Unterschrift des Königs Friedrich II von Preußen tragen.

OO

Die Mutter Susanne Constanze Belkowski (*20.02.1757 Bromberg; +02.01.1827 Hohensalza) als Tochter des katholischen Organisten zu Bromberg Nikolaus Belkowski & seiner Ehefrau Juliane Susanne Constanze Rychlicki (oo 18.11.1756 Bromberg, Posen)

 

(1.1) Ferdinand Gottlob Hoyer (*01.10.1797 in Hohensalza, Posen, Preußen; +29.12.1862 Bromberg)

 

1.Ehe am oo 28.06.1817 in Wloclawek, Leslau, Polen mit Helena Barbara Trzcinski ( *26.02.1794 Wloclawek, Leslau, Polen; +26.04.1834 Hohensalza an Kindbettfieber )

 

(1.1.1) Theofila Susanna Hoyer: *4. April 1818 Hohensalza; +26.10.1821 Hohensalza (+3J)

(1.1.2) Ferdinand Emil Hoyer: *16. Januar 1821 Hohensalza; +25.10.1899 Langfuhr, Danzig (+78J)

(1.1.3) Emilie Magdalena Hoyer: *22. Juli 1822 Hohensalza; 04.10.1853 Mohrungen (+31J)

(1.1.4) Pauline Marianne Hoyer: *21. März 1824 Hohensalza; +11.11.1857 Bromberg, Posen (+33J)

(1.1.5) Maria Josephina Hoyer: *27. November 1825 Hohensalza; +18.01.1887 Berlin (+61J)

(1.1.6) Juliane Auguste Hoyer: *29. Dezember 1827 Hohensalza; +03.1863 Ostrowo, Polen (+35J)

(1.1.8) Friedrich Leo Hoyer: *29. Dezember 1827 Hohensalza; +06.08.1831 Hohensalza (+3J)

(1.1.9) Heinrich Friedrich Hoyer: *26. April 1834 Hohensalza; +03.07.1903 Warschau (+69J) - Heinrich Friedrich Hoyer war Dr. med. Universitätsprofessor in Warschau und Russischer Staatsrat. Er war der bekannte Embryologe und Histologe, der oft Vater der polnischen Histologie genannt wird.

 

2. Ehe am oo 05.03.1835 in Bromberg, Posen mit Amalie Wilhelmine Thiel (*26.01.1813 Thorn-Altstadt, Posen; +14.03.1840 Hohensalza), Kindermädchen & Erzieherin bei der Familie Hoyer, Tochter des Bürgers & Tischlermeisters zu Thorn Johann Daniel Thiel & seiner Ehefrau Dorothea Richter.

 

(1.1.9) Helene Amalie Hoyer: *13.02.1836 Hohensalza; +10.11.1915 Berlin (+79J)

(1.1.10) Bertha Cäcilie Hoyer: *18.05.1837 Hohensalza; +nach 1877 - Hochzeit am 15.05.1861 in Bromberg mit Friedrich Heinrich Carl Ludwig Leistikow (*04.05.1820 Groß-Geitberg, Neustettin, Pommern; +19.06.1893 Bromberg), Sohn des Gutspächters & Administrators Karl Wilhelm Ludwig Leistikow & seiner Ehefrau Sophie Henriette Wilhelmine Engelke.

 

3. Ehe oo im Jahre 1842 in Leipzig, Sachsen mit Agnes Wilhelmine Hempel (*21.11.1801 Leipzig; +14.08.1859 Hohensalza)

 

(1.1.11) Agnes Hedwig Hoyer: *13.09.1842 Hohensalza

(1.1.12) Mädchen Totgeburt: *13.09.1842 Hohensalza; +13.09.1842

 

Zur Familiengeschichte der Familie Leistikow:

 

Carl Leistikow ( *04.05.1820 Groß-Geitberg, Neustettin, Pommern; +19.06.1893 Bromberg )

 

Ehe am oo 15.05.1861 in Bromberg mit (1.1.10) Bertha Cäcilie Hoyer (*18.05.1837 Hohensalza; +nach 1877)

 

(1.1.10.1) Johannes Karl Ferdinand Leistikow: *10.02.1863 Bromberg; +25.11.1897 (Apotheker, wie sein Vater & Großvater mütterlicherseits); (+34J)

(1.1.10.2) Walter Rudolf Leistikow: *25.10.1865 Bromberg; +27.07.1908 Berlin (+43J)

(1.1.10.3) Ernst Wilhelm Hermann Leistikow: *23.02.1867 Bromberg; +17.12.1933 Posen (+66J)

(1.1.10.4) Helene Hedwig Leistikow: *01.03.1868 Bromberg; +13.06.1949 Altenhof U/M (+81J)

(1.1.10.5) Hildegard Ida Leistikow: *09.07.1871 Bromberg; +28.11.1910 Bromberg (+39J)

(1.1.10.6) Maximilian Emil Alfred Leistikow: *09.11.1872 Bromberg; +27.06.1915 Teupitz (+42J)

(1.1.10.7) Karl Ludwig Leistikow: *04.02.1874 Bromberg; +27.03.1901 Berlin (+27J)

(1.1.10.8) Marie Elise Leistikow: *30.08.1875 Bromberg; +12.11.1882 Bromberg (+7J)

(1.1.10.9) Friedrich Rudolf Leistow: *21.06.1877 Bromberg; +21.07.1929 Aberdeen UK (+52J)

 

Aus der Familie Leistikow ist ein berühmter Sohn hervorgegangen. (1.1.10.2) Walter Rudolf Leistikow (*25.10.1865 Bromberg) war ein berühmter Berliner Maler. Im März 1883 zog er nach Berlin um Künstler zu werden. Er nahm Privatunterricht bei den Landschaftsmalern Hermann Eschke und Hans Gude. Er gehörte mehreren Künstlergruppen und Vereinigungen an und malte bis zu seinem Tode mehr als 50 Werke.

 

Hersteller von Kujawischen Magentropfentropfen in Kujawien:

Apotheker Ferdinand Gottlob Hoyer in Hohensalza (Inowrozlaw)

Dammann & Kordes in Thorn

Carl Matthes in Thorn

 

Sonstige Hersteller:

Hartwig Kantorowicz in Posen, Berlin, Hamburg, Paris, New York, Brasilien, China & Australien

Carl Matthes, Thorn, ©Stephan Becker, Brüssow