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Stargarder Bittere Tropfen ausführliche Geschichte

Stargarder Bittere Tropfen, ©Stephan Becker, Brüssow

Historisches zu den Stargarder Bitteren Tropfen:

Bei den Stargarder Bitteren handelt es sich um eine Erfindung des Königlich Preußischen Geheimen Sanitätsrates Dr. med. Carl Mampe aus Stargard in Pommern von 1831, als Arzneimittel gegen die damals grassierende Cholera. Schon vor 1831 gab es vereinzelte Fälle von Cholera, jedoch wüteten in den Jahren 1831 - 1837 mehrere Choleraepidemien in Westpreußen und Pommern. In Ermangelung eines Arzneimittels gegen diese Krankheit kombinierte Dr. Carl Mampe mehrere Heilkräuter mit Alkohol und Wasser und kreierte sein heute noch berühmtes Getränk, die „Bitteren Tropfen“, welche aufgrund ihrer hervorragenden Wirkung innerhalb kürzester Zeit in Pommern berühmt wurden.

Obwohl zu dieser Zeit fast jeder Deutsche Apotheker seine eigene Magenlikörkomposition entwickelt hatte und verkaufte, setzten sich die Stargarder Bitteren Tropfen wegen ihrer sehr guten Wirksamkeit in pommerschen Apotheken durch und waren ein Verkaufsschlager.

Im Zuge seiner Forschungen gab es einige Abwandlungen in der Rezeptur, so dass in historisch-zeitgenössischer Literatur mehr als zehn verschiedene Vorschriften zur Bereitung der Bitteren Tropfen von Dr. Mampe zu finden sind, welche auch verschiedene Alkoholgehalte hatten (45%, 40%, 38% und auch 36%).

Im Zuge der fabrikmäßigen Herstellung durch seine beiden Stiefbrüder und weiterer Hersteller wurden die Bitteren Tropfen unter verschiedenen Namen bekannt – so nannte man sie z.B. Mampes Bittere Tropfen, Dr. Mampes Bittere Tropfen, Mampes Magenbitter, Mampes Magenlikör, aber auch Stargarder Bittere Tropfen, Stargarder Bitter, Stargarder Mampe, sowie Ur-Mampe. Unter diesen verschiedenen Namen findet man jeweils auch verschiedene Rezepturabwandlungen. Bis in die heutige Zeit werden immer wieder Rezepte der Stargarder Tropfen in Fachbüchern abgedruckt und dienen so als herausragendes Zeugnis deutscher Kreativität.

Nachdem wir verschiedene Stargarder-Rezepturen ausprobiert hatten, fiel unsere Auswahl auf die wohlschmeckenste Rezeptur. Da sich die Rezepturen auch leicht voneinander unterscheiden, haben wir die jeweiligen Kräuter auch nach ihrer medizinischen Indikation ausgewertet und so ist unsere Wahl auf die Rezeptur gefallen, die einen Alkoholgehalt von 38% hat und von der Kräuterzusammensetzung her am Besten die Indikation „Magenbeschwerden“ abdeckt.

Die Bitteren Tropfen, welche von den beiden Mampe-Firmen hergestellt wurden, hatten jeweils einen Alkoholgehalt von 45% und waren vom Geschmack her sehr herb und bitter.

 

Als im Jahre 1831 die erste große Choleraepidemie in Westpreußen wütete und auch dann alsbald in Pommern auftrat, stellte Dr. Mampe Versuchsreihen mit verschiedenen Heilkräutern auf und versuchte ein Arzneimittel gegen diese schreckliche Krankheit zu finden.

Noch im selben Jahr erfand er eine Rezeptur – die Bitteren Tropfen, welche aufgrund der hervorragenden Wirkung nicht nur gegen die Cholera, sondern auch gegen allgemeine Magen- und Darmbeschwerden, wie Blähungen, Übelkeit, Völlegefühl usw. eingesetzt werden konnte.

Dieses Medikament / Getränk entwickelte sich in kürzester Zeit zu einem sehr berühmten Arzneimittel und war schon einige Jahre später unter verschiedenen Namen in fast jeder pommerschen Apotheke zu bekommen.

 

Da der Sanitätsrat Dr. Carl Mampe keine eigenen Nachkommen hatte und sich auch nicht händlerisch betätigen wollte, übergab er das Rezept der Bitteren Tropfen und dessen Abwandlungen seinen beiden Stiefbrüdern Ferdinand und Carl – beides Söhne aus zweiter Ehe des Vaters Paul Georg Philipp Mampe und Henriette Dorothea Renata Engellandt.

 

Im Jahre 1835 eröffnete der Kaufmann Ferdinand Johann Mampe in Stargard eine Likörfabrik und produzierte dort die Stargarder Bitteren Tropfen nach der Rezeptur seines Stiefbruders in großen Mengen, welche im 20. Jahrhundert auch unter dem Namen Ur-Mampe oder auch Stargarder Mampe sehr berühmt wurden.

17 Jahre später (1852) eröffnete auch sein Bruder Carl im 150 Kilometer entfernten Köslin eine Likörfabrik, um auch dort nach der Rezeptur seines Stiefbruders Carl mit gleichem Namen die Stargarder Bitteren Tropfen herzustellen und zu verkaufen. Somit gab es in Pommern zwei Firmen mit dem Namen Mampe, welche beide ein fast identisches Produkt anboten.

 

Hersteller Ferdinand Mampe in Stargard:

Die Firma Ferdinand Johann Mampe in Stargard entwickelte sich bis 1945 zur größten norddeutschen Likörfabrik, da sie ihr Geschäftsfeld erweiterte und neben den Stargarder Bitteren Tropfen auch noch weitere Getränke anbot, sowie eigenen Branntwein herstellte.

Im Jahre 1910 betrug die Menge hergestellten Rohalkohols 2,5 Millionen Liter.

Neben den Stargarder Bitteren Tropfen hatte die Firma noch weitere berühmte Getränke in ihrem Sortiment, wie zum Beispiel Mampediktiner und Mampe Solitär. Insgesamt wurden zwischen 50 - 100 verschiedene Spirituosen angeboten und weiterhin eine Cognac- und Weinbrennerei betrieben.

Logo der Firma Ferdinand Mampe aus Stargard, ©Stephan Becker, Brüssow

Die Firma Ferdinand Johann Mampe war seit ihrer Gründung im Jahre 1835 bis zum Kriegsende 1945 ansässig in Stargard am Großen Wall Nr. 4. Die Firma wurde bis 1874 vom Gründer selber geführt, im Jahre 1874 wurde sein Sohn Carl Mampe und im Jahre 1878 sein Schwiegersohn Alexander Neumann zum Mitinhaber der Firma. Nachdem Ferdinand Johann Mampe seinen Lebensabend als Rentner genoss, übernahm 1900 der Enkel des Firmengründers Ernst Neumann die Firma und leitete diese zusammen mit seinem Vater Alexander bis zu dessen Tode im Jahr 1903.

Nach 1920 wurde der Sohn des Ernst Neumann, Benno Neumann, Besitzer der Fabrik und leitete diese zusammen mit seinem Vater, nach 1925 war er Alleininhaber.

Mampes Bittere Tropfen 3    Mampes Bittere Tropfen 2    Mampes Bittere Tropfen 1

Im Jahre 1945 floh der damalige Eigentümer Herr Benno Neumann vor der anrückenden russischen Armee nach Hamburg und führte dort seine Geschäfte weiter. Er eröffnete 1950 die Firma Mampe Hamburg in der Eiffestraße 600 Ecke Borstelmannsweg und versuchte, mit einer nun zwar nicht mehr so großen Auswahl an verschiedenen Getränken, an bisherige Erfolge anzuknüpfen. Die Firma Ferdinand Johann Mampe hatte zwar schon vor dem 2. Weltkrieg eine Zweigniederlassung in Hamburg, betrieb diese jedoch nur als kleines Ladengeschäft - ganz im Gegensatz zur Firma Carl Mampe Berlin, welche schon seit 1911 in Hamburg mit einem Restaurant der deutschlandweiten Kette „Mampes Gute Stuben“ und einer Fabrikniederlassung vertreten war.

Der in Berlin ansässige Bruder und Konkurrent Carl Mampe AG eröffnete 1951 in Hamburg eine Zweigstelle im Handelshof in der Langen Reihe 29 und wechselte ein Jahr später in die Burchartstraße 14.

Aufgrund der großen Konkurrenzsituation zur Firma Mampe Berlin und den damit verbundenen ständigen gerichtlichen Auseinandersetzungen kam es im Jahre 1965 zu einem Vergleich, bei dem eine Zusammenarbeit beider Mampehäuser vereinbart wurde, und letztendlich 1975 zur Auflösung der Firma Ferdinand Johann Mampe mit letztem Sitz in Hamburg.

Mampes Bittere Tropfen Hamburg 2     Mampes Bittere Tropfen Hamburg 1

Das Erfolgsprodukt, die Bitteren Tropfen, wurden zwar auch in der Zeit von 1945 – ca. 1970 angeboten, verloren aber leider in der Nachkriegszeit an Bedeutung.

 

Nachdem im Jahre 1890 eine Zweigstelle der süddeutschen Likörfabrik Bansept in Stargard ansässig wurde und neben weiteren Firmen einen Magenlikör mit dem Namen Stargarder Tropfen anbot, wurde der Bezug zum Familiennamen manifestiert. Die Bitteren Tropfen wurden mit neuem Etikett verkauft, auf dem ausdrücklich vor den minderwertig hergestellten Stargarder Tropfen anderer Firmen gewarnt wurde.

Um 1900 waren die Stargarder Tropfen im Sortiment vieler Likörfabriken zu finden, jedoch der Name Mampe blieb den beiden Firmen Ferdinand Johann Mampe Stargard und Carl Mampe Berlin vorbehalten.

Bis Kriegsende waren die Stargarder Bitteren Tropfen, welche aufgrund der Nachahmungen anderer Likörfabrikanten in Stargard und Umgebung in Stargarder Mampe bzw. Ur-Mampe umbenannt wurden, das absolute Premiumprodukt der Firma Ferdinand Mampe. Da die Rezepturen des Erfinders, welche an die beiden Stiefbrüder weitergegeben wurden, im Laufe der Zeit in die Hände von anderen Likörfabrikanten gelangten, gab es speziell im 20. Jahrhundert sehr viele Hersteller von Stargarder Bitteren Tropfen, so dass die beiden Mampe-Firmen eine klare Abgrenzung zu ihren Produkten schaffen mussten. In unzähligen Gerichtsverfahren haben sich nicht nur beide Mampe-Firmen gegenseitig beklagt, es wurde auch anderen Herstellern verboten, den Namen Mampe zu benutzen.

So bürgerte es sich im 20. Jahrhundert ein, dass die meisten anderen Hersteller die Bitteren Tropfen unter dem Namen Stargarder Bittere Tropfen anboten. Sogar in den USA gab es Firmen, die Mampe`s Bittere Tropfen herstellten und verkauften.

 

Hersteller Carl Mampe in Köslin / Berlin:

Carl Ernst Christian Mampe, Gründer der Likörfabrik, ©Bild Tom Inden-Lohmar, Foto mit Genehmigung ©Stephan Becker, Brüssow

Die 1852 in Köslin von Carl Mampe gegründete Firma zur Herstellung der bitteren Tropfen nach dem Rezept des Sanitätsrates war nicht in der Lage, an die großen Erfolge der Firma des Bruders in Stargard anzuknüpfen und so wagte der damalige Inhaber Carl Mampe den Schritt, die gesamte Firma 1877 nach Berlin zu verlegen. Der Umzug nach Berlin verschaffte der Firma einen großen Vorteil, da sie dort ein

größeres Publikum erwartete und ihr somit ein einmaliger Absatzmarkt zur Verfügung stand. Bis 1885 war er Alleininhaber seiner Firma und übergab diese 1886 an seinen 1857 geborenen Sohn Carl Eugen Mampe, welcher im Jahre 1899 verstarb. Der langjährige Freund der Familie Robert Erxner, welcher gleichzeitig als Werbefachmann für die Firma tätig war, wurde schon im Jahre 1898 Teilhaber und

Carl Eugen Mampe, Sohn des Gründers, ©Bild Tom Inden-Lohmar, Foto mit Genehmigung ©Stephan Becker, Brüssow

heiratete nach dem Tode Carl Eugen Mampes seine Witwe Minna Mampe im Jahre 1901, nachdem diese im Jahr 1900 als Inhaberin die Firma alleine führte.

Von 1901 bis 1911 steigerte der Werbefachmann und Alleininhaber der Firma Carl Mampe die Umsätze ständig und führte die Firma mit neuen Ideen zu großem Erfolg.

1912 wurde Martin Haase mit in die Unternehmensführung eingebunden, bis im September 1922 die Familien-AG Carl Mampe Aktiengesellschaft gegründet wurde. Der Name Carl Mampe AG wurde bis zum Konkurs im Jahre 1984 beibehalten.

In den folgenden Jahren wurde die Firma unter dem zum Generaldirektor ernannten Robert Erxner zu Berlins größter Likörfabrik, welche nicht nur deutschlandweit eine Restaurantkette (Mampes Gute Stuben) etablierte, sondern auch den nach 1894 selbst kreierten Magenbitter „Halb & Halb“ erfolgreich am Markt platzierte.

Der von der Firma Carl Mampe entwickelte Likör „Halb & Halb“ entwickelte sich in kürzester Zeit zu Deutschlands berühmtesten Magenlikör und wurde von fast allen deutschen Likörfabrikanten hergestellt und vertrieben. Bis 1945 agierte die Carl Mampe AG auch weltweit – z.B. gab es auch in Amerika einen Ableger der Firma.

Die Umsätze der Berliner Mampe-Fabrik übertrumpften die Firma Ferdinand Mampe aus Stargard bei weitem.

Auch die Firma Carl Mampe stellte, wie schon oben erwähnt, die Bitteren Tropfen nach dem Rezept des Sanitätsrates her, jedoch wurden diese schon immer Dr. Mampes Bittere Tropfen oder Mampes Bittere Tropfen genannt, da sich die Firma nicht in Stargard befand.

 

Unter der Führung des Werbefachmannes Robert Erxner entwickelte sich die Firma Carl Mampe zur zweitgrößten deutschen Likörfabrik mit über 200 verschiedenen Getränken im Sortiment. Speziell mit den Bitteren Tropfen wurde massiv Werbung gemacht. Sie wurden in viereckige Würfelflaschen abgefüllt, welche es in allen möglichen Flaschengrößen gab - von 10ml bis 1,0L.

Für die Bitteren Tropfen wurde die besondere positive Wirkung auf die Gesundheit hervorgetan und mit Beispielen belegt. So wurde z.B. die Geschichte über die angebliche Wunderheilung des damaligen Großtierjägers Christoph Schulz verbreitet, welcher von afrikanischen Ureinwohnern vergifteten Tee bekommen hatte, da er deren Totentanz gefilmt hatte. Angeblich überlebte er diesen Anschlag nur, weil seine Frau in weiser Voraussicht eine Flasche Bittere Tropfen mit auf Reisen genommen hatte und ihm diese verabreichte, als er schon fast dem Tode nahe war.

Nach dem Bekanntwerden dieser Geschichte war der Erfolg der Bitteren Tropfen kaum mehr zu bremsen. Die Bitteren Tropfen wurden auf zahlreichen Expeditionen mit in alle Welt genommen und dies wurde natürlich weiterhin groß vermarktet. Hierzu eine historische Werbeanzeige aus dem Jahre 1939:

Carl Mampe Werbung 1    Carl Mampe Postkarte 1    Carl Mampe Logo

In den Jahren 1914 bis 1918 gehörte es auch zur Werbestrategie der Firma

Kriegspostkarten herauszugeben, welche als Feldpostkarten genutzt wurden. Das Deutsche Rote Kreuz wurde mit den Bitteren Tropfen versorgt und Flaschen an die Armee geliefert.

Carl Mampe Postkarte 2    Carl Mampe Postkarte 3     Mampes Bittere Tropfen in der Achtkantflasche

Die Firma Carl Mampe hatte die Bitteren Tropfen bis zum Ende im Verkaufsprogramm – diese wurden aber vom Erfolgsprodukt „Halb & Halb“ umsatzmäßig in den Schatten gestellt. Als Besonderheit ist anzumerken, dass die Bitteren Tropfen von Carl Mampe eigentlich traditionell in viereckigen Würfelflaschen abgefüllt und verkauft wurden, jedoch wurde dieses Design Ende der 70-er Jahre geändert. In den letzten Jahren wurde ein neuer Flaschentyp auf den Markt gebracht und die Bitteren Tropfen in einer Achtkantflasche verkauft.  

 

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